Eine Weile nichts tun, nur absichtslos da sein,
heißt wach werden für die Sättigung Gottes.
Johannes vom Kreuz (1542-1592)

Kursprogramm

Lebensphilosophie großer jüdischer Denker

In der gesamten Geschichte der westlichen Philosophie ist der vorherrschende Trend, sich auf die Griechen zu berufen. Jüdische Philosophie wurde ausgeblendet. Erst im 19. Jht. ist jüdische Philosophie ein eigener Wissenschaftsbereich geworden. Baruch Spinoza (17.Jht.) leitet mit seiner Historisierung der hebräischen Bibel und der rabbinischen Tradition schon eine neue, aufklärerische Denkweise ein. Alltägliche Lebensverhältnisse, keine Theorien, sondern Ethik und der Primat der praktischen Vernunft stehen im Vordergrund. Einige herausragende Vertreter dieser Lebensphilosophie werden vorgestellt.

Themen des Intensivseminars:
1 Baruch Spinoza 1632-1677: Lebenslauf und Schicksal
2 Baruch Spinoza: Philosophie und Rezeption
3 Martin Buber 1878-1965: "Das lebendige Du"
4 Franz Rosenzweig 1886-1929: "Liebe zum Nächsten"
5 Hannah Arendt 1906-1975: "Weltzugewandte Verantwortung"
6 Emmanuel Levinas 1906-1995: "Das Antlitz des Anderen"

Literaturliste und Texte werden vor Ort ausgehändigt.

Seminar mit Nachmittagskaffee und -kuchen am Samstag

Begleitung: Frau Dr. phil. Dipl.-Theol. Hortense Anwari-Reintjens
Datum: Do. 28. September 2023 18:00 Uhr - Mo. 2. Oktober 2023 09:00 Uhr
Kosten: Kurs 100,00 € / Pension 285,00 €

  • Johannes vom Kreuz

    Johannes vom Kreuz (1542-1591) ist einer der großen Meister karmelitanischer Spiritualität.

    In seinen Werken beschreibt er den Prozess der Einswerdung mit Gott als einen Weg des Loslassens, der durch die dunkle Nacht unserer Zweifel und Ängste, unserer Selbstbehauptung und Egozentrik hindurch zur göttlichen Liebe führt – sie ist Sinn, Ziel und Erfüllung unserer menschlichen Sehnsucht.

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    Die dunkle Nacht

    In einer dunklen Nacht
    von Sehnsucht getrieben, in Brand gesteckt von Liebe,
    - o glückliche Fügung! -
    entfloh ich, ohne bemerkt zu werden,
    als schon das Haus um mich in Stille lag,

    im Dunkeln, sichren Fußes
    über die geheime Leiter, tief ins Gewand gemummt,
    - o glückliche Fügung! -
    im Dunkeln und wachsam angespannt,
    als schon das Haus um mich in Stille lag,

    in jener glückseligen Nacht,
    heimlich, daß mich niemand sah
    - auch ich selbst nahm nichts wahr -,
    ohn’ andres Licht, den Weg zu leuchten,
    als das nur, das im Herzen brannte;

    das führte mich
    sichrer als das Licht der Tagesmitte
    dorthin, wo mich erwartete,
    um den so tief ich weiß,
    dorthin, wo niemand uns belauerte.

    O Nacht, die du den Weg geleuchtet!
    O Nacht, liebenswerter als das Morgendämmern!
    O Nacht, die du zusammenbrachtest
    den Geliebten und die geliebte
    in den Geliebten umgestaltete Geliebte!

    An meiner Brust, aufgeblüht zu neuem Leben,
    die nur für ihn sich aufbewahrte,
    da ruht’ er schlafend,
    und ich liebkoste ihn,
    und Zedern fächelten ihm Wind.

    Der Wind von den Zinnen her
    - als zärtlich er sein Haar durchwehte -
    mit seiner sanften Hand
    streifte meinen Hals,
    und alle meine Sinne schwanden.

    Ich blieb und ich vergaß mich,
    das Antlitz neigt’ ich über den Geliebten,
    alles um mich verlosch, ich ließ mich los,
    ließ los meine Sorgen,
    zwischen den Lilien war es vergessen.

    ( Johannes vom Kreuz)

    Übersetzung: Reinhard Körner